Einwanderung als St�rke � der erste Berliner Integrationstag macht trotz allem Hoffnung

15.09.2004 - Der erste Berliner Integrationstag in der Werkstatt der Kulturen in Neuk�lln f�rderte eine �berraschende Einsicht zu Tage: die Innenstadtquartiere Berlins haben gro�e Potenziale  ï¿½  nicht trotz, sondern wegen der vielen Einwanderer, die dort leben. B�rger, Fachleute und Vertreter von Migrantenorganisationen diskutierten auf der sehr gut besuchten Veranstaltung Chancen und Probleme der Einwanderungsstadt Berlin.
Der Integrationsbeauftragte des Senats, G�nter Piening, sah angesichts der sozialen Schieflage in vielen Innenstadtquartieren Handlungsbedarf. Sinnvoll sei eine spezielle F�rderung zum Beispiel durch das Programm �Soziale Stadt� mit seinen Quartiersmanagements.

Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer wies darauf hin, dass die Gesellschaft insgesamt die Chancen erkennen m�sse, die Einwanderer f�r die Stadt bieten. Gleichzeitig brauchten Migranten gleiche Chancen im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt. Sie forderte praktische politische Ma�nahmen, um beispielsweise den Spracherwerb zu f�rdern und allen den gleichen Zugang zu Bildungsangeboten zu erm�glichen.

Diese Aussagen best�tigt eine Studie der OECD (Organisation f�r wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), die beim Integrationstag  vorgestellt wurde. Sie besagt u.a. Folgendes: W�hrend Berlin einerseits Magnet f�r junge gut ausgebildete und kreative Menschen sei, die als zuk�nftige Steuerzahler und Konsumenten interessant sind, ziehe die Stadt auch arme Menschen an, die hier ihre letzte Hoffnung s�hen. Insgesamt werde noch zu wenig Nutzen aus den Kompetenzen der Zuwanderer gezogen. Angebote an Kultur und Bildung sollten als St�rken ausgebaut werden, wobei hiermit nicht nur Hochkultur gemeint ist, sondern ebenso die bunte Vielfalt der Stadtteilkultur. Wichtiges Fazit: Die Wirtschaftsf�rderung sollte sich st�rker der Migranten annehmen.

Staatssekret�rin Dunger-L�per von der Senatsverwaltung f�r Stadtentwicklung stellte fest, dass unsere Gesellschaft angesichts der schrumpfenden deutschen Bev�lkerung Einwanderer brauche. Das Programm �Soziale Stadt� setze bei der Notwendigkeit an, dass sich die Stadtentwicklung mit den sozialen Folgen von Migration, aber auch von wirtschaftlichen Umbr�chen auseinandersetzen m�sse. Die Mitwirkung der B�rger in diesem Prozess finde in den Quartiersmanagement-Gebieten statt. Wichtig sei dabei, dass Migranten ihre Erfahrungen andereren Migranten weiter vermitteln.
Vertreter von Migrantenvereinen bem�ngelten bei der anschlie�enden Podiumsdiskussion, dass sie noch zu wenig wahrgenommen w�rden, ihre Organisationen br�uchten mehr finanzielle Unterst�tzung. Der Integrationsbeauftragte stellte hierzu eine Evaluation aller Vereine in Aussicht, damit einheitliche Kriterien gefunden werden, nach denen Migrantenorganisationen als f�rderw�rdig eingestuft w�rden.

Ein weiterer Schwerpunkt war der Umgang der �ffentlichen Beh�rden mit Migranten. So hatte der Landesbeirat f�r Migration und Integration die Ausl�nderbeh�rde in der N�ldnerstra�e besucht und dort unhaltbare und z.T. �menschenunw�rdige� Zust�nde gefunden. Auf der Podiumsdiskussion blieb man n�chtern: Die Verwaltung habe sich zwar �interkulturelle Kompetenz� zum Ziel gesetzt, die Durchf�hrung, also die Besetzung von Stellen mit Migranten scheitere aber am Geldmangel und am Personal�berhang der �ffentlichen Hand. Gefordert wurden �Stellenkorridore� und Quotierung, d.h. die gezielte Einstellung von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund.

Um eben diese interkulturelle �ffnung der Verwaltung, um Arbeit, Bildung und die Rolle der Quartiersmanagements ging es anschlie�end in vier separaten Arbeitsgruppen. An der AG Quartiersmanagement nahmen etwa 50 Menschen teil. In Form eines Interviews mit den beiden Quartiersmanagern Gilles Duhem (Rollbergviertel) und Reinhard Fischer (Soldiner Stra�e) erfuhr man viel aus der Praxis. So sind etwa bei den Sozialbausiedlungen durch Vers�umnisse bei der Belegungspolitik sehr einseitige Sozialstrukturen entstanden. Denn neue Mieter k�nnen sich die Wohnungen fast nur noch �leisten�, weil das Sozialamt die vergleichsweise hohen Mieten tr�gt. Die sozialen Probleme in vielen Kiezen entst�nden auch nicht durch den hohen Ausl�nderanteil, sondern durch das niedrige Bildungsniveau sowohl der ausl�ndischen als auch der deutschen Bewohner und die damit drohende Arbeitslosigkeit.
Es gebe au�erdem einen Unterschied zwischen dem tats�chlichen und dem �gef�hlten� Ausl�nderanteil (Fischer). Obwohl die Mehrheit der Anwohner deutsch sei, f�hlen diese sich als Minderheit z.B. durch ausl�ndische Kinder, die tags�ber unbeaufsichtigt auf den Stra�en sind. F�r Probleme dieser Kinder h�tten die Anwohner, die Eltern, aber auch teilweise die Lehrer nicht gen�gend Verst�ndnis. Im Rollbergviertel werden Lehrer jetzt gezielt mit der Lebenswelt ihrer Sch�ler vertraut gemacht. Niedrigschwellige Angebote f�r Eltern sind besonders wichtig, um schulische und soziale Probleme angehen zu k�nnen. Viele ausl�ndische Eltern wissen z.B. nicht genug �ber das deutsche Bildungssystem. Hier h�tten auch die Migrantenvereine eine Verantwortung. W�hrend schon die Kitas gerade in den Problemkiezen wichtige �Spracherwerbs- und Sozialisierungsmaschinen� seien (Duhem), k�nnen die Eltern andererseits nicht erwarten, dass die �ffentlichen Bildungseinrichtungen alle Erziehungsarbeit leisten, denn schlie�lich baue das Bildungssystem auf die kindliche F�rderung im Elternhaus auf.

Gegen Ende der Veranstaltung wurde dann endlich der Integrationspreis 2004 vergeben, auf den sich insgesamt 24 Projekte beworben hatten. Die Preistr�gerinnen  �  in diesem Jahr wurden Initiativen gesucht, die sich f�r Gleichberechtigung und gesellschaftliche Partizipation von M�dchen und jungen Frauen mit Migrationshintergrund einsetzen � hatten lange darauf gewartet. Der Landesbeirat f�r Integrations- und Migrationsfragen zeichnete das Feministische M�chenprojekt Rabia e.V. und den M�dchennotdienst aus, beides Kreuzberger Projekte, dazu den M�dchen-Kultur-Treff D�nja aus Tiergarten.

Der Offene Kanal berlin zeigt eine Aufzeichnung der Veranstaltung:
- am 19.09.2004 um 22 Uhr
- am 16.10.2004 um 22 Uhr
Die Dokumentation der Ergebnisse des 1. Berliner Integrationstages am 13.09.2004 sollen demn�chst beim Integrationsbeauftragten erh�ltlich sein.

Integrationsbeauftragter des Berliner Senats
Potsdamer Stra�e 65
10785 Berlin
Tel.: (030) 9017 - 2357 oder 9017 - 2322
Fax: (030) 262 54 07
e-mail: [email protected]
Internet: http://www.berlin.de/sengessozv/auslaender/index.html


Text und Fotos (vom Kulturfest im QM-Gebiet Sparrplatz): Anne Wispler


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