Freitag, 12.02.2010

Sozial-Monitoring zeigt weiterhin Handlungsbedarf im Sprengelkiez

Optimale Bildungschancen: Schlüssel der Kiez-Entwicklung. Foto: Markus Richter

Laut einer Studie zu sozialen Veränderungen in den Berliner Kiezen hat sich der Sprengelkiez stabilisiert, ist mit Rang 395 aber immer noch auf einem der hinteren Plätze des Gesamtberliner Entwicklungsindex.

Die Studie mit dem Titel "Monitoring soziale Stadtentwicklung 2009" ist eine Untersuchung des Stadtsoziologen Prof. Hartmut Häußermann im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ihr Ziel: Die sozialen Veränderungen in den Berliner Kiezen zu erfassen und so eine Basis zu haben, um Fehlentwicklungen gezielt vorzubeugen. Begonnen wurde mit der Beobachtung im Jahr 1999. Bis 2006 wurde das Monitoring alle zwei Jahre erstellt, seit dem Jahr 2007 jährlich.

Danach ist die Arbeitslosigkeit im Sprengelkiez und anderen Gebieten insgesamt leicht zurück gegangen. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen sank erfreulicherweise. Gleichzeitig stieg der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die Transferleistungen erhalten. Im Gebiet um den Sparrplatz leben doppelt so viele Kinder in Armut wie im Gesamtberliner Durchschnitt (65,4% der unter 15-Jährigen erhalten im Sprengelkiez Existenzsicherungsleistungen, in Berlin sind es durchschnittlich 37,4%). Die Mehrzahl von ihnen stammt aus Einwandererfamilien.

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Hinweis: Alle Zahlen der folgenden Tabellen sind dem Bericht "Monitoring soziale Stadtentwicklung 2009" entnommen. Zu den Arbeitslosenzahlen stellt der Bericht fest: Die offizielle "Arbeitslosenquote" der Bundesanstalt für Arbeit stellt die Zahl der Arbeitslosen ins Verhältnis zu den abhängig beschäftigten zivilen Erwerbspersonen. Daten zu den Erwerbspersonen sind kleinräumig nicht verfügbar, daher wird auf der kleinräumigen Ebene der Planungsräume im Monitoring die Zahl der Arbeitslosen ins Verhältnis gesetzt zu den 15 bis unter 65-Jährigen („Erwerbsbevölkerung“). Da diese Altersgruppe auch alle Nichterwerbspersonen im betreffenden Alter einschließt und damit deutlich größer ist als die Zahl der Erwerbspersonen, fällt der so berechnete "Arbeitslosenanteil" deutlich niedriger aus als die offizielle "Arbeitslosenquote". (Monitoring, S. 9, Fn. 3)

Leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit

    Arbeitslose insgesamt in % der 15-65 j. EW Arbeitslose unter 25 Jahren in % der 15-25 j. EW Langzeitarbeitslose in % der 15-65 j. EW
Sparrplatz 2007 13,5 8,6 5,o
Berlin 2008 9,4 5,8 3,4
Sparrplatz 2008 12,6 6,6 4,1

Empfänger von Existenzsicherungs-Leistungen (E-L.) Entwicklung 2008 in %

  Einwohner (EW) 31.12.2008 Deutsche Empfänger von E-L. Ausländische Empfänger von E-L. Nichterwerbsfähige Empfänger von E-L. unter 15 Jahren
Sparrplatz 14.840 -1,4 o,8 1,7
Berlin 3.362.842 -o,5 o,o -1,2

Besonders groß sind auch die Wanderungsbewegungen. Konkret verzeichnet der Sprengelkiez eine doppelt so hohe Anzahl von Zu- und Wegzügen wie Berlin insgesamt. Auffällig ist dabei die überdurchschnittliche Zahl von Kindern unter sechs Jahren, die den Kiez zumindest laut Melderegister verlassen haben. Ob es sich hier um wegen der Schule pro forma umgemeldete oder tatsächlich weggezogene Kinder handelt, ist jedoch schwer festzustellen.

Wanderungsbewegungen Gesamtstadt / Sparrplatz in % der Einwohner 2008

  Einwohner (EW) 31.12.2008 Wanderungsvolumen Wanderungssaldo Wanderungssaldo von Kindern unter 6 Jahren in % der EW unter 6 Jahren 2008
Sparrplatz 14.840 48,o -o,6 -3,8
Berlin 3.362.842 27,4 o,4 -o,4

Das Monitoring (= dt. "Beobachtung") umfasst Kriterien wie Zu- und Abwanderung, Arbeitslosigkeit oder Kinderarmut und bezieht sich auf Daten aus dem Zeitraum vom 31. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2008. Dabei wurden mehr als 400 Planungsräume betrachtet, in denen durchschnittlich je 7 500 Personen leben. Bei den Daten wird seit 2007 zwischen Indikatoren, die die soziale Lage in einem Quartier beschreiben ("Status") und Indikatoren, die den Wandel der Bevölkerung eines Gebietes im abgelaufenen Jahr charakterisieren ("Dynamik") unterschieden.
Die Probleme ballen sich laut Monitoring im Nordosten Kreuzbergs, im Norden Neuköllns, in Wedding/Moabit, in Nord-Marzahn/Nord-Hellersdorf und in Spandau. In Nord-Marzahn/Nord-Hellersdorf sind Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit unter allen fünf Problemgebieten am höchsten.

Lösungen für den Kiez suchen und Perspektiven entwickeln, wie auf der Jugendkonferenz. Foto: Siemen Dallmann

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer: „Mit Hilfe des Monitoring sehen wir präzise, wo sich in der Stadt kritische Entwicklungen abzeichnen und wo sich Verbesserungen nachweisen lassen. Die erfreulichste Botschaft ist: Viele sozial problematische Gebiete haben sich nicht von der gesamtstädtischen positiven Entwicklung des Jahres 2008 abgekoppelt. So haben z. B. in den schwächeren innerstädtischen Gebieten Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit abgenommen. Auch in den 43 schwächsten Kiezen sank der Anteil der Arbeitslosen von durchschnittlich 17,3 % im Vorjahr auf 15,8 % in 2008. Das Monitoring zeigt auch, dass wir in den richtigen Gebieten tätig sind.“

Für Senatorin Junge-Reyer hat die soziale Stabilisierung höchste Priorität. Die Summe der Fördermittel für die fünf großen Problemgebiete sei deswegen von 30 Millionen im Jahr 2008 auf rund 50 Millionen im Jahr 2009 erhöht worden. "Auch in den Jahren 2010 und 2011 stehen jeweils pro Jahr - trotz knapper Kassen – 50 Mio. zur Verfügung. Damit haben wir in den Jahren 2010 und 2011 jeweils 20 Mio. mehr als im Jahr 2008.“

Senatorin Junge-Reyer: „Wir nehmen die Monitoring-Ergebnisse sehr ernst. Deshalb entwickeln wir unsere bewährten Instrumente weiter: Wir legen Gebiete fest, die vorrangig gefördert werden, die „Aktionsräume plus“. Die bereits laufenden Verfahren der Städtebauförderung wie z.B. Quartiersmanagement und Stadtumbau werden gebiets- und fachübergreifend stärker miteinander vernetzt. Angrenzende Kieze werden mit einbezogen und neue Partnerschaften unter den in den Gebieten tätigen Akteuren angeregt."

Den ganzen Bericht finden Sie im Internet unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitoring/de/2009/index.shtml

Anne Wispler